Definition Reizdarmsyndrom
Was ist ein Reizdarm?
Ein Reizdarm beschreibt eine Funktionsstörung des Darms, die durch eine Vielzahl von Symptomen gekennzeichnet ist. Die Diagnose erfolgt in der Regel durch den Arzt mittels eines Ausschlussverfahrens: Dabei wird geprüft, ob andere mögliche Ursachen für die Beschwerden vorliegen. Können keine anderen Ursachen gefunden werden, wird das Reizdarmsyndrom diagnostiziert.
Welche Erkrankungen müssen ausgeschlossen werden?
Für eine eindeutige Diagnose müssen folgende Erkrankungen und Ursachen ausgeschlossen werden:
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten (z. B. Laktose- oder Fruktoseintoleranz)
- Zöliakie
- Magen-Darm-Infekte
- Gynäkologische Ursachen
Typische Symptome des Reizdarms:
- Bauchschmerzen
- Durchfall, Verstopfung oder ein Wechsel beider
- Blähungen
Mögliche Ursachen:
- Gestörte Barrierefunktion der Darmwand
- Beeinträchtigte Darmtätigkeit
- Erhöhte Immunaktivität in der Darmwand
- Verstärkte Schmerzwahrnehmung
Eine oft übersehene Ursache:
In meiner Praxis stoße ich häufig auf eine weitere, wenig beachtete Ursache für Beschwerden, die einem Reizdarmsyndrom ähneln:
Dünndarmfehlbesiedlung, HPU und Stress – allein oder in Kombination
Bei der Dünndarmfehlbesiedlung können die Symptome sehr ähnlich sein.
Die Dünndarmfehlbesiedlung (small intestine bacterial overgrowth = kurz SIBO)
Die Symptome sind auch hier:
- Durchfälle oder Verstopfung (meist weicher bis flüssiger Stuhl)
- Blähbauch (meist innerhalb der ersten Stunde nach dem Essen)
- Aufstoßen
- Mundgeruch
- krampfartige Bauchschmerzen
Dazu können kommen:
- Gewichtsverlust (Malassimilationsstörung ggf. bis zur Anämie)
- ggf. auch Gewichtszunahme
- Brain Fog („Hirnnebel“) und Müdigkeit
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Gelenkschmerzen
- Reflux
- Kopfschmerzen
- Hautprobleme
- Ängste und Depressionen sowie
- ein Leaky Gut Syndrom, ggf. mit sekundärer Fruktose- und Laktose unverteäglichkeiten
- Leaky gut kann zu weiteren Erkrankungen führen – z.B. Mangelerscheinungen, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Rosacea, Fibromyalgie…
Mögliche Ursachen einer Dünndarmfehlbesiedlung
Verletzung oder Funktionsstörung der Ileozäkalklappe (Klappe zwischen Dünn- und Dickdarm)
- Nach Operationen
- Durch mechanische oder funktionelle Störungen
Verminderte Flora im Dünndarm
- Aufsteigen der Dickdarmflora in den Dünndarm
- Einnahme von Protonenpumpenhemmern (PPI, Magensäureblocker)
- pH-Wert-Verschiebung durch reduzierte Magensäureproduktion
Beeinträchtigte Verdauungssäfte und Enzymproduktion:
- Verminderte Bildung von Verdauungssäften der Bauchspeicheldrüse
- Gallenstauung
Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Malabsorption:
- Laktoseintoleranz
- Fruktosemalabsorption
Störungen der Peristaltik (Bewegung des Darms):
- Infektionen wie Campylobacter oder Giardia (Lambien)
- Chronische Erkrankungen oder Nervenschäden
Reduktion der Dünndarmflora durch externe Faktoren:
- Quecksilberbelastung (z. B. nach nicht fachgerechter Amalgamsanierung)
- Häufiger Genuss von hochprozentigem Alkohol
- Einnahme von Antibiotika
Zusätzliche Risikofaktoren:
- Stressbedingte Beeinträchtigungen des Darmnervensystems
- Strukturelle Veränderungen, z. B. nach einer Operation oder Bestrahlung
- Chronische Verstopfung, die den Rückfluss von Bakterien aus dem Dickdarm begünstigt
Diagnostik – Atemgastest
Vergleich der drei Atemgastests:
Test | Gemessener Atemgas | Typische Symptome | Hinweise |
---|---|---|---|
H2-Atemtest | Wasserstoff (H2) | Blähungen, Durchfall | Standardtest; häufig für SIBO mit H2-produzierenden Bakterien. |
Methan-Atemtest | Methan | Verstopfung, Blähungen | Methan wird meist von Archaeen (Methanproduzenten) gebildet. |
H2S-Atemtest | Schwefelwasserstoff | Durchfall, Entzündungen, systemische Beschwerden | Bietet diagnostische Ergänzung bei unauffälligen H2-/Methan-Tests. |